Wenn die Software die Bewerbung liest

Eine Bewerbungsstrategie zu entwickeln, erfordert einen enormen Zeitaufwand, wenn man sie zum ersten Mal macht. Die entsprechenden Unterlagen wie zum Beispiel den Lebenslauf zu erstellen braucht gleich noch einmal so viel Einsatz. Man investiert also sehr viel, um sich selbst professionell darzustellen. Das war schon immer so, wird aber immer schwieriger.

Und dann gibt es noch die unterstützenden RAV Kurse für die Standortbestimmung und die Überarbeitung der Bewerbungsunterlagen. Hier ist die Rede davon, sich hervorzuheben, herauszustechen aus der Masse. Dies normalerweise mit Lebensläufen, die nicht im 0815-Stil daherkommen, sondern grafischen Kunstwerken gleichen. Und so sehr ich als Mensch dieses stilistische Hervorheben von Stärken zu schätzen weiss, so wenig können Software-Programme damit anfangen.

Spätestens ab hier wird es wirklich anstrengend.

Ich habe Lebensläufe gesehen, die mir auf einen Blick (auf der ersten Seite) alles gezeigt haben, was ich wissen muss und will. Unterteilt in verschiedene Sektoren, farblich getrennt, mit Icons, Kompetenzskalen und sogar ein Foto sowie die letzten beruflichen Stationen auf der ersten Seite und auf den nächsten Seiten dann der Rest. Und solange diese Lebensläufe ein Mensch zu Gesicht bekommt, solange passt das perfekt. Aber: ein Programm kann das alles beim besten Willen nicht lesen. Und je mehr Unternehmen solche Software verwenden, um so schwieriger wird es für diejenigen, die sich bewerben. Wenn es zum Beispiel Lücken im Lebenslauf gibt (Mutterschaft, Sabaticals, etc) dann sieht das für den Mensch gut aus, wenn diese auf der Seite erkennbar sind, neben den beruflichen Stationen, farblich abgetrennt oder so. Die Software kann aber diese Verbindung nicht herstellen und liefert dann ein Ergebnis, welches niemand will: Lücken im Lebenslauf! Die Informationen auf der Seite können nicht den beruflichen Stationen zugeteilt werden. Auch Icons und Skalen sind eher ungeeignet für die meisten Programme.

Nun stehen Stellensuchende also nicht mehr nur vor der Herausforderung, HR-Verantwortliche mit ihren Unterlagen zu überzeugen, sondern müssen auch noch Computerprogramme überlisten.

Und dies bitte im gleichen Dossier. Was nun? Zurück zu den Lebensläufen der 90-er Jahre? Nein, bitte nicht. Es gibt genug Möglichkeiten einen Lebenslauf schön darzustellen und gleichzeitig die Anforderungen der Software-Programme zu erfüllen. Wie zum Beispiel das Arbeiten mit versteckten Tabellen. Somit könnte dann die Zeit überbrückt werden, bis diese Programme über eine eigene (künstliche) Intelligenz verfügen. Meiner Meinung nach wird nämlich genau dies unsere Zukunft werden.

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